Alles im Blick:
360-Grad-Bilder eröffnen neue kreative Möglichkeiten
Fotos und Videos als 360-Grad-Ansicht aufzunehmen werden immer beliebter. Kein Wunder, denn der Effekt ist atemberaubend. Und die Imagingindustrie bietet inzwischen für unterschiedliche Bedürfnisse und Budgets, Kameramodelle und Software, die ein Kugelpanorama auf Knopfdruck ermöglichen. Weil sie mit dem Smartphone und sozialen Netzwerken verknüpft sind, ist es leicht, beeindruckende Aufnahmen mit anderen zu teilen und in Virtual Reality (VR) zu betrachten. „Wir erleben gerade, wie mit VR-fähigen Rundumaufnahmen ein neues Bilder-Genre entsteht, das so lebensecht wirkt, dass man danach greifen möchte“, sagt Christian Müller-Rieker, Geschäftsführer des Photoindustrie-Verband (PIV).
Rundumaufnahmen sind viel einfacher und günstiger geworden
360-Grad-Fotos zu erstellen bedurfte bis vor wenigen Jahren eine umfangreiche spezielle Fotoausrüstung. Zudem war viel Geduld bei der Aufnahme und der späteren Nachbearbeitung nötig. Inzwischen gelingt dies viel günstiger, schneller und bequemer. Speziell für das 360-Grad-Genre entwickelte Kameras machen es möglich. Weil statt einem gleich zwei Objektive im Gehäuse stecken, schießen die Kameras simultan mehrere Aufnahmen in verschiedene Richtungen. Danach werden diese entweder direkt in der Kamera oder in einer Smartphone-App automatisch zu einer Datei verrechnet.
Bereits ab rund 300 Euro sind leistungsfähige Spezialkameras von Markenherstellern zu haben. Damit auch Einsteiger sie intuitiv bedienen können, verfügen die Modelle meist nur über wenige Bedienelemente. Mehr als einen Auslöser und Umschalter zwischen Foto- und Video-Modus braucht es schließlich nicht. Das Live-Bild und andere Parameter kontrollieren Anwender über das Display des verbundenen Smartphones. Einfach die Kamera hochhalten, auslösen, fertig.
Die Bildqualität der 360-Grad-Kameras steht Kompaktkameras und Smartphones im nichts nach und hochauflösende Videos im modernen 4K-Standard werden immer häufiger unterstützt. Trotzdem sind die 360-Grad-Kameras kompakt genug, sodass sie sich leicht verstauen und auf Reisen mitnehmen lassen. „Daher ist das Interesse an dieser Kamerakategorie steigend mit deutlichem Wachstumspotenzial für die nächsten Jahre“, so Christian Müller-Rieker.
360-Grad-Bilder erleben und mit anderen teilen
Ebenso wie herkömmliche zweidimensionale Fotos und Videos, lassen sich auch 360-Grad-Aufnahmen an Ort und Stelle erleben. Markenhersteller stellen hierfür kostenlose Apps für Mobilgeräte oder Computer zur Verfügung, mit denen Anwender die Rundumaufnahmen schnell und einfach bearbeiten und betrachten können. Auf diese Weise lassen sich Kugelpanoramen zum Beispiel auch schnell und einfach zu einem Bild im faszinierenden „Little Planet“-Stil verwandeln.
Besonders eindrucksvoll wirken 360-Grad-Bilder, wenn Betrachter mittels einer VR-Brille und ihren Kopfbewegungen in den Aufnahmen navigieren können – so, als wären sie vor Ort. Auf diese Weise lassen sich zum Beispiel Urlaubserlebnisse oder Reisereportagen stimmungsvoll visuell vermitteln.
Im Internet können Anwender ihre 360-Grad-Bilder entweder über die jeweiligen Upload-Portale der Kamerahersteller oder über Facebook und YouTube teilen. Erste Anbieter von Cloud-Speichern unterstützen 360-Grad-Aufnahmen. Schon bald präsentieren Filmemacher nicht mehr nur ihre Videokonserven, denn immer mehr Kameras unterstützen die Live-Übertragung von 360-Grad-Videos im Netz.
Eine neue ästhetische Ausdrucksform entsteht
360-Grad-Aufnahmen eröffnen völlig neue Möglichkeiten, visuelle Geschichten zu erzählen. Immer mehr Wettbewerbe und Festivals stellen 360-Grad-Aufnahmen in den Mittelpunkt. „Fotografen und Filmemacher sind nicht mehr darauf beschränkt, einen kleinen Ausschnitt einer Geschichte zu erzählen. Ein 360-Grad-Panorama erlaubt es, dem Publikum viel mehr Details und Handlungsstränge zu präsentieren“, erläutert Christian Müller-Rieker.
Zum Beispiel in einem Video einen Haupthandlungsstrang durch mehrere Nebenhandlungen zu bereichern, lässt den Zuschauer mehr entdecken und macht die Aufnahme viel spannender. Bei Fotos bietet es sich an, abseits der Blickrichtung noch weitere interessante Objekte zu platzieren. Und in Videos können Panorama-Regisseure zum Beispiel einen Akteur durchs Bild laufen lassen, der den Blick des Zuschauers auf die Nebenhandlung lenkt.
Die neuen erzählerischen Möglichkeiten bergen jedoch auch kreative Herausforderungen. Anders als bei planen Aufnahmen, müssen Fotografen und Filmer die komplette Umgebung in die Bildkomposition integrieren. Möchte der Aufnehmende nicht selbst zu sehr in Erscheinung treten, muss er sich und sein Equipment außer Sichtweite platzieren und die Kamera fernsteuern. „Zudem sollten 360-Grad-Video-Regisseure häufige Schwenks und Wechsel der Blickrichtung vermeiden,“ so der Tipp von Christian Müller-Rieker. „Eine zu dynamische Kameraführung kann bei Zuschauern Übelkeit auslösen – insbesondere, wenn sie VR-Brillen tragen.“
Das Genre der 360-Grad-Fotografie und -Videografie steht noch ganz am Anfang – Experimentieren nach Herzenslust ist nicht nur erlaubt, sondern auch gewünscht.