Künstliche Intelligenz – reale Marktchancen trotz DSGVO
Künstliche Intelligenz (KI) sorgt in der Digitalwirtschaft für Hoffnung, Hype und Hysterie. Um die Debatte zu erden, lud der Photoindustrie-Verband (PIV) eine interdisziplinäre Expertengruppe dazu ein, beim PIV Branchentalk in Berlin, Fiktion von realen Marktchancen zu trennen und konkrete Arbeitsfelder für die Imaging-Branche zu identifizieren. Auf dem Podium diskutierten Dr. Reiner Fageth (CEWE), Marian Gläser (Brighter AI Technologies), Reinhard Karger (Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz), Stefan Wolfgang Pickl (Universität der Bundeswehr), Ramzi Rizk (EyeEm), Florian Schild (boot.AI) und Jan Werth (Phytec).
Zu Beginn der Veranstaltung lieferten Karger und Schild in Einzelvorträgen einen Überblick über die Trias menschlicher Wissensfähigkeiten, KI und Machine Learning. Daran anknüpfend stellten sich alle Diskutanten den Fragen, wie die Imaging-Branche von den aktuellen Entwicklungen profitieren kann, während die Grenzen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie Ethik nicht überschritten werden. Denn als entscheidenden Schlüsselfaktor für den Markterfolg betrachten die Teilnehmer das Austarieren von Convenience-Aspekten und dem Schutz der Privatsphäre.
Aus Sicht der Experten besteht bei Services für intelligente Bildauswahl/Bildverwaltung, insbesondere mit mehr Automatiken und weniger Bedarf für manuelle Bedienung, ein hohes Marktpotenzial für KI-gestützte Lösungen. Des Weiteren sehen Pickl und Rizk die Notwendigkeit für die Zertifizierung fotografischer Echtheit in Abgrenzung zu Deep Fakes. Als zukunftsfähige Tools wurden Echtzeitempfehlungen (Änderung des Blickwinkels, Filterempfehlungen etc.) sowie die Möglichkeit, Bilder über die Kamera direkt zu teilen, bewertet.
Konsens herrschte vor allem in dem von Dr. Fageth angeführten Punkt, dass die Balance zwischen technisch Machbarem und ethischen Aspekten weiterhin sorgsam abgewogen werden muss – trotz starker internationaler Wettbewerber. Ein hohes Datenschutzniveau wurde einstimmig als monetärer Mehrwert erkannt, der zudem für den Wirtschaftsstandort Deutschland spricht. Gleichzeitig waren sie sich einig, dass letztlich aber der Bedienkomfort sowie der Preis über den Markterfolg entscheiden können, zumal die Preisgabe privater Daten – zumindest von einem Teil der Konsumenten*innen – als vertretbarer Kompromiss betrachtet wird.
Werth und Gläser verwiesen darauf, dass Vertrauensprobleme in KI schon bald an Bedeutung verlieren könnten, weil zunehmend das lokale Edge Computing auf Endgeräten die Cloudgestützte Verarbeitung von Bildmustern und Nutzerdaten ersetzen kann. Gleichzeitig wird es dank Open Source Software und preisgünstiger Sensorproduktion auch für KMU (Kleine und mittlere Unternehmen) zunehmend erschwinglich, KI-Anwendungen zu entwickeln.
Der PIV Branchentalk hat klar herausgestellt: KI-Geschäftsmodelle, der Zugang zu maschinellen Lernverfahren und der datenschutzkonforme Umgang mit Big Data sind Schlüsselthemen für die Zukunft des gesamten Imaging Ökosystems. Der PIV hat den Bedarf erkannt und wird den Erfahrungsaustausch mit weiteren Veranstaltungen fördern.